Infrastrukturplanung

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Fundament des NRW-Takts


Das Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan NRW (KC ITF NRW) verfolgt den ITF-Planungsansatz der nachfrageorientierten, fahrplanbasierten Infrastrukturplanung.

Neben der Beseitigung bereits heute bestehender Engpässe müssen künftige Angebots- und Infrastrukturplanungen eng aufeinander abgestimmt werden. Das KC ITF NRW wirkt hier als Koordinator zwischen den verschiedenen Akteuren.

Herausforderung Infrastruktur

Das Transitland NRW ist geprägt durch viele Mischbetriebsstrecken. So müssen sich Fern-, Nah- und Güterverkehr oft die Kapazitäten auf der Strecke teilen, wodurch die Verspätungs- und Störanfälligkeit erhöht wird. Zusätzlich führen viele eingleisige Streckenabschnitte mit zurück gebauten Kreuzungsmöglichkeiten zu Kapazitätsengpässen. Es ist daher zwingend erforderlich, die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur heute und auch langfristig sicherzustellen. Hierzu müssen wichtige Ausbauprojekte zügig umgesetzt werden. Hierzu gehören z. B. der dreigleisige Ausbau der Betuwe-Linie zwischen der niederländischen Grenze und Oberhausen, der sechsgleisige Ausbau zwischen Duisburg und Düsseldorf im Rahmen der RRX-Planungen und der Ausbau der eingleisigen Strecke Lünen – Münster.

Modernisierung der Bahnhöfe

Die vom Land Nordrhein-Westfalen, den drei Aufgabenträgern (NWL, NVR, VRR) sowie der DB Station & Service AG im Jahr 2000 initiierte Modernisierungsoffensive geht in die dritte Runde. Im Rahmen der ersten Modernisierungsoffensive (MOF 1) wurden bereits rund 90 Stationen mit dem Ziel eines behindertengerechten Ausbaus (Erhöhung der Bahnsteige, Rampenanlagen, Aufzüge, Personenüber- und -unterführungen, taktile Leitsysteme) sowie einer deutlichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität (Neubau/Modernisierung der Ausstattungselemente, Bahnsteigdächer, Beleuchtung, Wegeleitungen und Informationstechnik) um- und ausgebaut. In der 2008 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zur Modernisierungsoffensive für Bahnhöfe in NRW (MOF 2) wurden zunächst 108 weitere Bahnstationen ins Auge gefasst. Da bei der Umsetzung der bisherigen Projekte finanzielle Einsparungen erzielt werden konnten, wurde die MOF 2 auf rund 117 Bahnstationen erweitert. Die Finanzierung der MOF 2 erfolgt durch Mittel von Bund und Land sowie durch einen Eigenanteil der DB AG. Über 400 Mio. € werden bis zum Programmende in die Stationsinfrastruktur in NRW investiert werden.

Für einen nahtlosen Übergang der gemeinsamen Investitionen wurden 2020 Anschlussvereinbarungen für eine MOF 3 zwischen den Aufgabenträgern und der DB geschlossen. Hier wurden rd. 50 weitere Modernisierungsprojekte vereinbart, die in den kommenden Jahren sukzessive geplant und umgesetzt werden. Zusätzliche Planungskapazitäten für diese Projekte konnten mit dem Abschluss vieler Ausbauvorhaben auf den RRX-Außenästen zwischen 2018 und 2020 freigesetzt werden. Auf den RRX-Außenästen, der Zulaufstrecken der zukünftigen RRX-Stammstrecke zwischen Köln und Dortmund wurden rd. 50 Stationen für den Halt der neuen RRX-Fahrzeuge barrierefrei ausgebaut. Für Knotenbahnhöfe mit erheblichem Modernisierungsbedarf wie Dortmund, Duisburg oder Hagen, haben DB Station & Service, Bund, Land und die Aufgabenträger Großprojekte mit gemeinsamer finanzieller Beteiligung vereinbart.

Parallel hierzu wurden 12 kleinere Stationen durch das Zukunftsinvestitionsprogramm "Barrierefreiheit" des Bundes barrierefrei ausgebaut. Unter dem Namen BahnhofskonzeptPlus sind mehrere Nachfolgeprogramme des Bundes mit den Ländern und Aufgabenträgern vereinbart worden. Für Stationen bis zu 1.000 Fahrgästen am Tag wird dabei ein barrierefreier Ausbau gefördert, in NRW profitieren rd. 30 Stationen davon. In Kombination mit Landesmitteln werden zudem auch mittelgroße Stationen (1.000 – 4.000 Fahrgäste am Tag) barrierefrei ausgebaut. Weitere 14 Stationen aus NRW werden dabei berücksichtig.

Bahnsteignutzlängen- und -höhenkonzept NRW

Verschiedene Einflussfaktoren wie die aktuellen Wettbewerbsplanungen mit entsprechenden Fahrzeugkonzepten, neue Crash-Normen für Fahrzeuge und notwendige Ausweitungen von Fahrzeugkapazitäten führen zu neuen Anforderungen an den Bahnstationen in NRW. Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen und eine langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten, ist durch das Kompetenzcenter ITF NRW in Abstimmung mit DB Station&Service AG sowie den SPNV-Aufgabenträgern NRWs und dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr ein landesweites Bahnsteignutzlängen- und -höhenkonzept entwickelt worden, welches die langfristigen Bahnsteignutzlängen und Bahnsteighöhen in NRW zusammenfasst.

Die Katalogisierung basiert auf den Planungen der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs und der DB Fernverkehr AG. Eine stringente Umsetzung hilft der Sicherstellung der betrieblichen Qualität des SPNV in NRW, fördert kurze Fahrgastwechselzeiten und sorgt langfristig landesweit für barrierefreie Ein- und Ausstiegs­möglichkeiten. Durch die vorgenommene Differenzierung der Bahnsteignutzlängen sowie die bahnsteigscharfe Zuordnung ist zudem eine passgenaue und damit langfristig wirtschaftliche Modernisierung von Bahnsteigen möglich.

Das Bahnsteignutzlängen- und -höhenkonzept ist im März 2016 über die Verwaltungsvorschriften zum ÖPNV-Gesetz NRW in Kraft getreten und damit bei Infrastrukturförderungen nach dem ÖPNV-Gesetz von den Bewilligungsbehörden zwingend zu beachten.

Brückenzustand NRW

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Jahr 2014 zum Zustand der Eisenbahnbrücken in NRW zeigt, dass ein erheblicher Investitionsbedarf in die Schieneninfrastruktur besteht. Prominentestes Beispiel ist die Müngstener Brücke zwischen Solingen und Remscheid, welche aufgrund von Sanierungsarbeiten zwischen April 2013 und Dezember 2014 für den Bahnverkehr der Linie S 7 gesperrt werden musste. Der Abschluss der Sanierungsarbeiten, die 2012 begonnen wurden, wird voraussichtlich erst im Juli 2018 erfolgen.

Der Infrastruktureigentümer - die DB Netz AG - teilt die bestehenden Brückenbauwerke in vier verschiedene Zustandskategorien ein. Kategorie 1 bedeutet dabei, dass maximal punktuelle Schäden an Bauwerksteilen bestehen. In dieser Kategorie sind auch Brücken erfasst, welche gerade neu saniert wurden und keine Mängel aufweisen. Eine Kategorie 0 gibt es demnach nicht, so dass die Anzahl der mängellosen Brücken nicht dargestellt werden kann. Kategorie 4 steht für gravierende Mängel, welche die Sicherheit noch nicht beeinflussen. Die DB selbst spricht aufgrund der vorgenommenen Eingruppierung ab einer Einstufung in die Zustandskategorien 3 und 4 von dringend sanierungsbedürftigen Brückenbauwerken.

In NRW gibt es auf den Schienenwegen der DB mehr als 4.300 Brückenbauwerke unterschiedlichster Formen und Bauarten. Insgesamt sind rd. 1.900 Brücken der Kategorie 3 und 4 zugeordnet, was einem Anteil von rd. 44 % entspricht. Bei den 262 Brücken der Kategorie 4 ist eine wirtschaftliche Instandsetzung nicht mehr möglich. Diese Brücken sollen nach eigener Aussage der DB in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren erneuert werden.

2017 hat sich die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erneut bei der Bundesregierung über den Zustand der Eisenbahnbrücken in NRW informiert. Zwischen 2014 und 2016 sind in NRW 37 Eisenbahnbrücken der Kategorie 4 sowie 2017 weitere 10 Brücken der Kategorien 3 und 4 saniert oder erneuert worden. Von den rd. 4.400 Eisenbahnbrücken in NRW sind 248 Brücken dringend sanierungsbedürftig, mehr als die Hälfte allein rund um die Bahnknoten Köln und Düsseldorf. . Insgesamt sind rd. 40% aller Brücken den Kategorien 3 und 4 zugeordnet, 2014 lag ihr Anteil noch bei rd. 44 %. Über 50% aller Brücken sind bereits älter als 80 Jahre, das Durchschnittsalter der Brücken liegt bei rd. 67 Jahren.

Mängel an Brückenbauwerken spielen bei der jährlichen Analyse der Langsamfahrstellen des KC ITF NRW keine übergeordnete Rolle. Eine Beeinträchtigung des Nahverkehrs durch Geschwindigkeitsreduzierungen oder Vollsperrungen aufgrund von Brückenschäden wie bei der Müngstener Brücke sind bislang die Ausnahme.

Reaktivierungen

In NRW konnten in den vergangenen Jahren ganze Bahnstrecken oder einzelne Streckenabschnitte wieder reaktiviert werden. Über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden sind die stufenweisen Reaktivierungen im euregionetz im Raum Aachen sowie das Projekt Haller Willem zwischen Bielefeld und Osnabrück. Im Großraum Düsseldorf erfolgten die Reaktivierungen der Außenäste der Regiobahn von Kaarst und Mettmann zum Düsseldorfer Hauptbahnhof. Seit Dezember 2021 wird die Regiobahn über Dornap bis Wuppertal verlängert. Die Oberbergische Bahn zwischen Lüdenscheid und Köln wurde abschnittsweise bis Marienheide und Meinerzhagen im Jahr 2013 reaktiviert. 2017 erfolgte der finale Lückenschluss bis Brügge, die Reaktivierungen der ehem. Haltepunkte Kierspe und Oberbrügge folgte Ende 2019. Kamp-Lintfort wird mit der Reaktivierung der Niederrheinbahn über Moers an das Oberzentrum Duisburg angebunden werden. Bereits zur Landesgartenschau 2020 in Kamp-Lintfort wurde ein Pendelbetrieb zwischen Kamp-Lintfort und Moers eingerichtet. Weitere Projekte in der Planung und Umsetzung sind zwei Vorhaben in Westfalen. Auf den Strecken der Westfälischen Landes-Eisenbahn (WLE) zwischen Münster und Sendenhorst sowie der Teutoburger Wald-Eisenbahn (TWE) zwischen Harsewinkel und Verl soll der SPNV in den kommenden Jahren zurückkehren.


Siehe auch